Hier kommt dann das

Wenn Selbsthilfe ein gemeinsamer Weg wird

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Wie bleibt man als Paar verbunden, wenn eine psychische Erkrankung Teil der Beziehung wird?

Marc und Hannah nehmen uns mit in ihre Geschichte – von dem Moment, in dem Hannah zum ersten Mal merkt, dass es Marc psychisch nicht gut geht, über Veränderungen in ihren Rollen bis hin zu gut gemeinten Ratschlägen von außen, sich besser zu trennen.
Sie sprechen mit uns darüber, was geholfen hat, um nicht nebeneinanderher zu leben, sondern im Gespräch zu bleiben.

Warum ihre Fernbeziehung ihnen Stabilität gibt, wie sie sich selbst nicht aus dem Blick verlieren und warum es für beide entscheidend war, sich auch außerhalb der Beziehung Unterstützung zu holen: in Selbsthilfegruppen, durch Beratung und Gespräche mit anderen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Eine sehr ehrliche Folge über das gemeinsame Leben mit einer Krise – und darüber, wie Selbsthilfe entlasten, stärken und verbinden kann.

Weiter unten findest du einen Themenüberblick (inkl. Zeitstempel) und das Transkript der Folge.

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Falls du direkt zu einem Thema in der Folge springen möchtest:

07:01 
Thema: Offene Kommunikation. Hannah bemerkt zum ersten Mal, dass es Marc psychisch nicht gut geht. Die beiden sprechen offen über seine seelische Verfassung.

14:35
Thema: Veränderung der Rollen. Marc fühlt sich von Hannahs gut gemeinten Ratschlägen eingeengt und bemuttert. Sie schaffen bewusste Räume, um auf Augenhöhe über Marcs Erkrankung zu sprechen.

23:51
Thema: Trennung. Marc und Hannah hören aus dem Umfeld häufiger Ratschläge, dass sie sich trennen sollten. Sie reflektieren, wie sie mit diesen Stimmen umgehen.

33:17
Thema: Fernbeziehung. Warum dieses Beziehungsmodell für Marc und Hannah gut funktioniert.

38:58
Thema: Selbstfürsorge. Beide holen sich gezielt Unterstützung für ihre individuellen Herausforderungen. Sie berichten, was ihnen geholfen hat – und was eher nicht.

Transkript zur Folge

Nele

00:09 – 00:19

Herzlich willkommen bei „Unerhört nah“, dem Podcast des Bundesverbandes der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen. Wir, das sind einmal ich, Nele

Julia

00:19 – 00:19

und ich, Julia,

Nele

00:20 – 00:36

sprechen offen mit verschiedenen GästInnen über die Erfahrungen und Herausforderungen von Angehörigen psychisch erkrankter Menschen. Erlebt mit uns, was es heißt, unerhört nah dran zu sein. Hallo und schön, dass ihr wieder zuhört.

Nele

00:40 – 00:58

Heute gibt es eine besondere Folge, und zwar nicht nur, weil tolle GästInnen da sind, sondern auch, weil ich sie ausnahmsweise allein aufnehme. Julia ist nämlich krank. An dieser Stelle ganz liebe Grüße und gute Besserung an dich, Jule. Dafür sind heute zwei spannende Menschen bei mir zu Gast, nämlich Hannah und Marc.

Nele

00:58 – 01:29

Die beiden sind ein Paar und sprechen mit mir über das Thema Angehörigkeit, und zwar aus zwei verschiedenen Perspektiven. Hannah teilt ihre Erfahrung als Partnerin an der Seite eines psychisch erkrankten Menschen, während Marc seine Sicht als Betroffener mitbringt und erzählt, wie er Angehörigkeit erlebt. Das ist der erste Teil. Im zweiten Teil sprechen wir außerdem über verschiedene Anlaufstellen und Projekte und was beide vielleicht auch zwischenmenschlich im Privaten ausprobiert haben, um sich in schwierigen Phasen Unterstützung zu holen.

Nele

01:29 – 01:49

Und mich interessiert dabei natürlich besonders, was hat wirklich geholfen und was eher nicht. Da bin ich gespannt, was ihr dann später erzählen werdet. Aber bevor wir loslegen, erstmal schön, dass ihr da seid, Hannah und Marc. Vielleicht wollt ihr euch einmal kurz selbst vorstellen, damit die Hörerinnen wissen, wer hier heute am Mikro ist.

Nele

01:49 – 01:52

Ich übergebe einfach mal. Wer von euch mag starten?

Hannah

01:54 – 02:04

Ja, schön, dass wir hier sein dürfen. Mein Name ist Hannah, ich bin gerade vor kurzem 30 geworden. Ich arbeite an einer Uni und ich komme aus Fulda.

Marc

02:06 – 02:21

Ja, auch von meiner Seite vielen Dank für die Einladung und mein Name ist Marc. Ich bin noch 29 Jahre, werde dieses Jahr noch 30 und lebe und arbeite in Aachen und komme eigentlich gebürtig auch aus Fulda.

Nele

02:23 – 02:39

Ja, danke euch für diesen kleinen Einstieg. Wie ich ja schon eingangs erwähnt habe, ihr beide seid ein Paar. Da würde ich jetzt an der Stelle erst mal wissen wollen, wie lange seid ihr schon zusammen und wie habt ihr euch kennengelernt? Könnt ihr das einmal kurz rekonstruieren für uns?

Marc

02:41 – 02:55

Das dürften mittlerweile zwölf Jahre sein. Elfeinhalb, ja. Und kennengelernt haben wir uns damals tatsächlich über Freundeskreise so mit 16, 17.

Hannah

02:55 – 03:12

Ich würde sogar sagen noch davor. Also wir sind in Dörfern aufgewachsen, die relativ nah beieinander liegen, so dass wir doch auch davor schon immer mal Situationen hatten, wo sich unsere Wege gekreuzt haben. Und dann aber so mit 16 hat sich das ein bisschen intensiviert, ne?

Marc

03:12 – 03:27

Genau, und dann eigentlich so gepeekt hat es dann mit 18, wo wir dann zusammen Tanzpaar waren an unserer Kirmes. Und dann, ja, mit 18 zusammengekommen sind. Mittlerweile 11,5 Jahre.

Hannah

03:27 – 03:29

Genau, mittlerweile 11,5 Jahre, ja.

Nele

03:30 – 03:59

Das ist ja eine unheimlich lange Zeit, vor allem in dem jungen Alter zusammenzukommen, dann immer noch zusammen zu sein jetzt, wo ihr fast 30 oder schon 30 seid. Ja, nicht schlecht. Da hat man natürlich auch schon viel erlebt in dieser Zeit. Ich würde jetzt an der Stelle mal ein Stück weiter gehen, zu einem Punkt, der für euch beide bestimmt nicht ganz leicht war in der Beziehung, nämlich der Moment, in dem psychische Gesundheit zum Thema geworden ist.

Nele

04:00 – 04:24

Wir wollen jetzt einfach mal so ein bisschen eure Beziehung beleuchten, legen natürlich den Fokus jetzt auch auf dieses Thema Angehörigkeit. Das bleibt immer hier im Vordergrund. Aber an der Stelle würde ich trotzdem mal fragen wollen, Marc, um das Ganze mal einzuordnen, woran bist du erkrankt, weil du ja heute hier die Betroffenenperspektive auch einnimmst?

Marc

04:25 – 04:48

Ja, das ist, sag ich mal, etwas komplexer. Im Grunde war es aber oder ist es eine hochfunktionale Depression, die sich dann auch unter anderem in einer Essstörung und einer Magersucht manifestiert hat, damals in der, sag ich mal, kritischen Phase. Und ja, das war so offiziell die Diagnose.

Nele

04:51 – 05:12

Und um jetzt einmal auf die Beziehung wieder zurückzukommen, danke Marc erstmal für die Offenheit, dass du das hier mit uns teilst. War das direkt ein Thema, als ihr zusammengekommen seid? Hat sich diese Depression erst entwickelt oder geäußert im Laufe der Beziehung? War das schon vorher Thema?

Nele

05:12 – 05:14

Vielleicht kannst du dazu nochmal was sagen.

Marc

05:14 – 05:38

Ja, also die war auf jeden Fall, als wir zusammengekommen sind, noch gar kein Thema, auch lange, lange Zeit nicht. Hat sich erst dann, ja, im zunehmenden Alter, so Mitte 20, dann irgendwann hat sich das so angedeutet. Genau, und dann vor drei Jahren oder so war es eigentlich relativ akut dann auch und man hat es immer mehr auch körperlich dann irgendwann einfach gesehen.

Nele

05:41 – 05:49

Und wann hast du Hannah darin eingeweiht? Habt ihr da einmal so konkret drüber gesprochen, dass es da ein Problem gibt?

Marc

05:49 – 06:09

Ja, also ich denke es war vorher schon irgendwie. Klar, tatsächlich, ich selber würde fast behaupten, war eigentlich einer der Letzten, die es wirklich verstanden und gesehen haben. Ich habe von Hannah dann auch so die ersten Anmerkungen dann überhaupt erst so in die Richtung bekommen.

Marc

06:09 – 06:29

Also ich hatte vorher das überhaupt nicht auf dem Schirm, dass das irgendwie sowas sein könnte. Und hab dann aber irgendwann, für mich hat´s dann den Klick gemacht. Und dann bin ich auch eigenständig zum Arzt gegangen und hab mich einer Diagnose unterzogen. Und dann hab ich sie eigentlich auch sofort eingeweiht, als ich wusste, was es genau ist.

Marc

06:29 – 06:43

Beziehungsweise als die Krankheit dann einen Namen hatte. Also war ich dann eigentlich sehr transparent. Aber so der erste wirkliche Hinweis darauf, dass man mal danach gucken sollte, kam eigentlich sogar von Hannah.

Nele

06:45 – 06:59

Das ist interessant. Das heißt, Hannah, um jetzt da so ein bisschen auch einmal den Schwenk zu dir zu machen und dich da zu Wort kommen zu lassen: Du hast das schon relativ früh auch festgestellt, dass es Marc nicht gut geht.

Hannah

07:01 – 07:41

Ja, ich würde sagen, du sagst jetzt so vor drei Jahren, ich würde vielleicht sogar sagen, vielleicht sogar auch noch ein bisschen früher, das war so, also für mich so was Schleichendes, was ich beobachtet habe, dass es dir, ja genau, zunehmend irgendwie schlechter ging, sowohl körperlich schlechter ging, als auch psychisch schlechter ging und ich dann, ja, irgendwann auch angefangen habe, so Symptome zu googeln und hatte, glaube ich, relativ früh Begrifflichkeiten dafür. Und erinnere mich aber auch noch an Situationen, weil du sagst, du hast es später dann erst gemerkt. Ich erinnere mich auch noch an Situationen, da saßen wir auf der Couch und dann habe ich auch mal gesagt, Marc, ich glaube, das könnte auch was Depressives sein bei dir.

Hannah

07:41 – 08:15

Und das war erst mal nichts, was du so angenommen hast, sondern erst mal gesagt hast, nee, Hannah, ich glaube, das ist einfach nur eine schlechte Phase. Und so hat sich das dann weiterentwickelt. Und irgendwann hatte ich auch den Eindruck… Ja, zum Thema Essstörung, da hatten wir so einen Moment, ich erinnere mich noch ziemlich genau dran, dass wir.. Ich hatte da auch für mich relativ schnell schon auch einen Begriff dafür und hatte mich aber ganz lange nicht getraut, dir das zu sagen.

Hannah

08:15 – 08:45

Und dann hatten wir so einen Moment und dann habe ich das doch irgendwie beim Namen genannt und dann war deine Reaktion darauf irgendwie so ein bisschen erleichternd. Ich bin nicht sicher, ob du dich noch daran erinnerst, so ein bisschen erleichternd, dass du sagtest: Ja, ich wollte dir das schon länger sagen, aber irgendwie habe ich mich nicht getraut. Aber jetzt hat das Kind irgendwie so einen Namen. Und das war dann, fand ich auch erleichternd, als wir beide so Begrifflichkeiten dafür hatten, was da eigentlich los ist. Ja.

Marc

08:47 – 08:50

Ja. Das fasst es ganz gut zusammen.

Nele

08:52 – 09:32

Das heißt, der Impuls kam so ein bisschen von dir, Hannah, aber es macht jetzt den Anschein, als hättest du zumindest auch schon dir Gedanken darüber gemacht, Marc, und warst dann eigentlich eher erleichtert, dass Hannah da selbst irgendwie auch schon so ein bisschen drauf gekommen ist und wie ihr sagt oder wie du sagst, Hannah, das Kind beim Namen genannt hat, das heißt: Es ist ausgesprochen, es steht im Raum, man kann es nicht mehr wegignorieren, wegdenken, man kümmert sich jetzt darum. Das ist natürlich irgendwie vielleicht auch ein Gefühl der Erleichterung, aber ich kann mir vorstellen, dass auch so eine gewisse Schwere damit einhergeht, weil man jetzt weiß, okay, damit müssen wir uns jetzt beschäftigen. Das ist der nächste Schritt.

Nele

09:32 – 09:43

Wir haben es ausgesprochen und jetzt folgt noch etwas. Wie ging es euch denn danach damit oder vor allem dir jetzt, Hannah, auch als Angehörige? Ich komme gleich nochmal auf dich, Marc.

Hannah

09:46 – 11:02

Für mich hatte dieses Aussprechen, und das „hat jetzt einen Namen“, einerseits was total Entlastendes, weil ich irgendwie so eine gewisse Klarheit dann hatte und ich auch den Eindruck hatte, jetzt haben wir beide so Begriffe, gegen die wir gemeinsam arbeiten können, also gegen die wir gemeinsam was tun können. Und gleichzeitig auf der anderen Seite ist danach wie so ein Wirbelsturm über uns hereingebrochen. Du hast dich unglaublich reingekniet, Unterstützung zu bekommen, nach Therapieplätzen gesucht, nach Klinikplätzen gesucht und, und, und. Und das war so eine Zeit, in der ganz viele auch einfach medizinische, therapeutische Termine irgendwie anstanden von deiner Seite. Und ich habe dich ganz viel Arbeiten gesehen zu dem Thema und Hilfesuchen sehen und das war was, was unglaublich viel Zeit gekostet hat und was auch, glaube ich, eine Phase war, die doch auch recht schmerzhaft war, weil man hatte dann zwar Begrifflichkeiten und hatte was, gegen das man kämpfen konnte, aber der Weg, dann die gute oder die Hilfe zu bekommen, die wir uns dafür gewünscht hätten, war dann die nächste Herausforderung, die anstand. Ich weiß nicht, wie du das wahrgenommen hast.

Marc

11:03 – 11:34

Ja, es gibt halt irgendwann den Punkt der Selbsterkenntnis, an dem man es einfach einsieht. Und dann ja auch ein Stück weit, klar, erleichtert ist, dass man jetzt eine Begrifflichkeit für das Ganze hat. Für mich war halt vorher immer das Thema, weil dadurch, dass es so ein schleichender Prozess war, denkt man irgendwann so, es ist halt normal. Und das dann halt irgendwann gespiegelt zu bekommen, auch von ärztlicher Seite ist, denke ich, ist ganz wichtig, aber das gespiegelt zu bekommen, dass es eben nicht normal ist.

Marc

11:34 – 11:56

Ist halt wichtig, dass es irgendjemand einem dann auch mal mitteilt. Und ja, dann ist es dann schon ein Stück weit erleichternd auch, dass man jetzt weiß, okay, das ist es. Dann gibt es da auch Behandlungsmöglichkeiten. Man sieht dann erstmal irgendwie auch die Möglichkeiten, um aus diesem Loch dann rauszukommen.

Marc

11:58 – 12:07

Und das kann dann auch schon einen motivieren, dann irgendwo daran zu arbeiten, dass man dann irgendwie Handlungsmöglichkeiten überhaupt hat.

Nele

12:09 – 12:24

Hast du denn das Gefühl, du hast das auch mit für Hannah gemacht, weil du auch wolltest, dass es ihr gut geht, dass sie dann nicht mit belastet wird, dass du das dann auch so vorangetrieben hast?

Marc

12:24 – 12:47

Definitiv. Ich habe gesehen, was ich nicht nur Hannah, auch anderen Menschen damit angetan habe auch, so ein Stück weit mir selber Vorwürfe gemacht habe und das auch eine definitiv starke Motivation war, daran jetzt was zu ändern, weil man halt dieses Leid, was man den Leuten zufügt, irgendwo beenden wollte.

Nele

12:50 – 13:11

Wie ging es dir denn damit, Hannah, als Marc damit begonnen hat, sich zu kümmern? Hast du dir auch etwas gesucht, worum du dich so ein bisschen gekümmert hast? Ich würde auf das Thema gleich nochmal ein bisschen näher eingehen, aber wichtig ist ja auch, dass man die eigenen Bedürfnisse als angehörige Person weiterhin erhört und auch danach handelt. Das ist nicht immer leicht, aber es ist eigentlich sehr wichtig.

Nele

13:13 – 13:25

Hast du da dann auch viel an dich denken können oder hast du das Gefühl, dich da schon auch sehr mit reingekniet zu haben für Marc oder warst du da sehr, sehr darauf fokussiert und konntest dich kaum mehr um dich kümmern oder wie war das?

Hannah

13:27 – 14:11

Genau, zum ersten Teil deiner Frage, wie war das zu sehen, dass Marc sich dann Unterstützung nimmt? Ich glaube, das war für mich ganz, ganz gut und hat, glaube ich, auch dazu beigetragen, dass ich ganz doll auch an dieser Beziehung festgehalten habe, weil ich immer, und das bewundere ich immer noch an dir, dass du mit so einem Eifer dabei bist, dir dann Hilfe zu suchen, Unterstützung zu suchen und innerhalb kürzester Zeit da doch auch Therapeutinnen an deiner Seite hattest. Das war einerseits total schön zu sehen, dass da was passiert, aber andererseits eben doch auch wieder ein bisschen belastend, wenn es dann zu Absagen kam oder ähnliches.

Hannah

14:11 – 14:33

Und zum zweiten Teil deiner Frage, was ich in der Zeit für mich gemacht habe, in der ersten Zeit habe ich mich, glaube ich, komplett mitreißen lassen. Da war das auch für mich so das dominierende Thema in der Beziehung. Auch ich habe dann gegoogelt, was könnten Anlaufstellen sein, wo könnten wir irgendwie Unterstützung bekommen. Eigentlich gar nicht, wo könnten wir Unterstützung bekommen, sondern wo könntest du irgendwie Unterstützung bekommen.

Hannah

14:35 – 15:18

Ich hab dir dann auch regelmäßiger mal Links geschickt von Beratungsstellen oder, genau, du schüttelst gerade, also du nickst gerade auch, Links geschickt von Beratungsstellen und von Möglichkeiten, was man noch irgendwie alles machen könnte und habe eigentlich gar nicht so richtig darauf geachtet, was ich in der Situation brauche oder wie es mir in der Situation geht. Das habe ich dann eher von dir gesagt bekommen, also du hattest irgendwie glaube ich, in der Zeit auch ein ganz gutes Gespür für mich, dass du dann eher gesagt hast, nee, Hannah, stopp, jetzt guckst du mal nach dir. Vor allem auch in der akuten Phase, dass du dann auch gesagt hast, nee, Hannah, du fährst jetzt mal alleine in den Urlaub.

Hannah

15:18 – 15:50

Ich kann das gerade nicht, aber du fährst jetzt in den Urlaub und mach das ruhig, weil ich auch in dieser Zeit ganz oft darüber nachgedacht habe, kann ich dich mit bestimmten Sachen alleine lassen? Ich wollte dich nicht alleine lassen, weil ich mir ganz große Sorgen gemacht habe. Aber genau das hat es eben manchmal gebraucht, damit ich irgendwie auch meine Ressourcen auftanken kann, aber damit du auch in Ruhe bestimmte Dinge für dich erledigen kannst, weil ich dir ja, glaube ich, schon an der einen oder anderen Stelle ganz schön an dir geklebt habe und da vielleicht auch hier und da sehr, sehr fordernd war.

Marc

15:53 – 16:27

Ja, würde ich so mitgehen. Also man hat das dann schon teilweise auch als nervend empfunden, wenn man dann die ganze Zeit darauf hingewiesen wird und hier geh doch mal dahin, guck dir doch mal das an, mach doch mal jenes oder welches, weil man natürlich auch jetzt noch andere Verantwortung hat neben dem Thema Gesundheit, wie zum Beispiel Arbeit, dem man dann nachgehen muss. Und ja, deswegen kann das auch schon sehr fordernd sein und auch ein Stück weit vielleicht nervig.

Nele

16:32 – 16:47

Aber man kann beide Perspektiven irgendwie nachvollziehen, dachte ich gerade, als ihr das so gesagt habt. Also man fühlt sich so ein bisschen bedrängt, vielleicht auch sehr unter Beobachtung und gepusht, nur gut gemeint, aber dadurch steht man ja mit dieser Erkrankung auch ständig im Fokus…

Nele

16:48 – 17:24

… und kann das ja vielleicht auch irgendwann gar nicht mehr als etwas als etwas Wohlwollendes ansehen, sondern denkt sich einfach nur, bitte lass mich jetzt gerade mal in Ruhe, kümmer dich eher um deine Sachen. Ich möchte gerade gar nicht so viel Aufmerksamkeit haben, aber dass man eben als angehörige Person so agiert und sich Sorgen macht und vielleicht auch, wie du eben sagtest, Hannah, den Menschen nicht allein lassen möchte, vielleicht auch nicht unbedingt allein in Urlaub fahren würde. Ist ja schön, dass Marc an der Stelle dann auch gesagt hat, mach das ruhig. Das ist ja sehr verständlich, dass man da wirklich sehr, sehr dran klebt auch, wie du eben gesagt hast.

Nele

17:24 – 17:36

Man hat Schwierigkeiten, die Person zu lassen. Und da spielen beide Perspektiven zusammen und ich finde das sehr nachvollziehbar von euch beiden aus.

Marc

17:37 – 17:57

Man fühlt sich halt irgendwann nur auf dieses eine Thema reduziert, aber man ist halt irgendwie mehr. Und deswegen trifft es das ganz gut, wie du es eben gesagt hast, dass man auch mal einfach über andere Sachen sprechen möchte. Und das ist auch meiner Meinung nach ganz, ganz wichtig, dass das noch irgendwie erhalten bleibt, weil man halt noch mehr ist als eigentlich nur diese Krankheit.

Hannah

17:58 – 18:45

Und ich hatte auch irgendwann das Gefühl, je mehr ich mit Ratschlägen komme, und das war eine ganze Menge an Ratschlägen, die ich meinte, dir auch mit auf den Weg geben zu müssen, desto mehr hast du dich noch weiter von mir entfernt eigentlich. Also dass das gar nicht unbedingt so produktiv war. Und deswegen war es für mich am Ende total entlastend zu wissen, du bist jetzt irgendwie in therapeutischer Behandlung und du hast da Leute an deiner Seite, die Expertinnen sind, die einfach besser sind als ich, sodass ich wusste, da ist jemand, der irgendwie auf dich aufpasst, weil ich ganz lange dachte, dass ich diese Person sein muss, die auf dich aufpassen muss und das ist nichts, was irgendwie in einer Beziehung so sein sollte, weil das eine Beziehung halt auch maximal aus dem Gleichgewicht bringt und du hast irgendwann auch mal so Sätze zu mir gesagt wie:

Hannah

18:45 – 18:57

Ich will nicht, dass du mich bemutterst oder ich bin kein kleines Kind, du musst mich nicht erziehen. Und das war so ein bisschen das Risiko, dass es in die Richtung geht, weil ich ganz oft in dieser Sorgefunktion war und dachte, ich muss mich kümmern.

Marc

19:04 – 19:29

Du warst dann meine Freundin und deine Rolle war nicht, meine Therapeutin oder meine Ärztin zu sein. Und man teilt super viel und auch gerade wenn man schon so lange zusammen ist wie wir, unfassbar viel. Wir reden auch relativ offen eigentlich immer über alles, auch über Probleme, wenn es zwischen uns mal irgendwie kriselt. Und ja, dann kommt man halt schnell in diese Therapeuten-Ärzte-Rolle.

Marc

19:29 – 19:43

Aber ich glaube, das ist halt wichtig, sich davon auch ein bisschen zu lösen, dass man eben sich da anderweitig Hilfe holt. Und dass halt dann bei uns, wir hatten auch mal wirklich eine Phase, wo wir dann gesagt haben, das ist jetzt mehr oder weniger Tabuthema, wir reden nicht drüber direkt.

Hannah

19:43 – 19:44

Oder Zeiten, ne?

Marc

19:44 – 19:54

Ja, Zeiten, genau, wenn wir gesagt haben, jetzt ist mal quasi Happy Time, also jetzt reden wir aber nicht über Gesundheit, beider Seiten.

Hannah

19:54 – 20:02

Oder auch zeitlich begrenzt, dass wir gesagt haben, so, wir nehmen uns jetzt eine halbe Stunde und danach machen wir noch was Schönes und lassen dieses Thema nicht nur unsere Beziehung dominieren.

Marc

20:02 – 20:18

Dominieren, genau. Es muss irgendwo, dass man dem dann sagt, so, manchmal müssen Sachen gesagt werden, Sachen müssen rausgelassen werden, da nehmen wir uns jetzt eine halbe Stunde für Zeit. Aber danach ist es auch gut, danach reden wir auch wieder über irgendwas anderes. Es ist natürlich schwierig, das dann so zu antizipieren und dann auch umzusetzen.

Marc

20:18 – 20:41

Meistens hat man halt einfach gesagt, okay, einen Raum wechseln. Oder man sagt, man macht es nicht am besten in den eigenen vier Wänden, sondern geht danach auch nochmal irgendwo, entweder geht man nochmal spazieren oder so, dass man irgendwie nochmal auf andere Gedanken, andere Eindrücke kriegt und das Ganze so ein bisschen dann in Vergessenheit gerät und man da irgendwie offen wird, sich auf neue Sachen dann zu konzentrieren.

Hannah

20:42 – 20:50

Ja, das ist ganz interessant, weil wir haben mal diesen, wie hieß dieser Film, den wir gesehen haben?

Marc

20:50 – 20:50

Alles steht Kopf.

Hannah

20:50 – 21:23

Wir haben den Film „Alles steht Kopf“ gesehen und da geht es darum, dass man Kernerinnerungen sammelt miteinander. Ich weiß nicht, wer den Film „Alles steht Kopf“ kennt, den zweiten Film. Der erste ist auch großartig, aber der zweite Film ist noch besser und den haben wir zusammen gesehen und danach haben wir so uns gesagt, ja, wir brauchen irgendwie für unsere Beziehung viele Kernerinnerungen, also irgendwie gemeinsam schöne Dinge erleben und dann sind es auch mal schöne Dinge, wo wir sagen, so den halben Tag, zumindest in dieser Zeit jetzt, es fällt uns leichter, das auch mal nicht zum Thema zu machen, aber auch da mal zu sagen, halben Tag wird das jetzt nicht das Thema sein.

Hannah

21:23 – 21:37

Wenn wir merken, wir rutschen wieder in dieses Thema ab, was relativ häufig kommt, wenn es sehr, sehr akut ist, haben wir auch versucht, das bewusst auszuklammern, um irgendwie zumindest schöne Momente zu schaffen, an die wir uns dann zurückerinnern können, wenn es vielleicht auch wieder schwieriger wird.

Nele

21:39 – 22:18

Also ich habe den Eindruck, ihr zieht da beide wirklich an einem Strang, dass ihr da wirklich euch auch zusammen überlegt, wann und wie ihr darüber sprecht. Ihr schafft Zeiten dafür, ihr schafft Raum dafür, das macht ihr zusammen. Also darum geht es, finde ich, ganz, ganz viel, dass ihr da schon auch ähnliche Vorstellungen davon habt, was brauchen wir, damit es uns in der Beziehung gut geht. Dieses Thema psychische Gesundheit braucht Aufmerksamkeit, aber wir wählen diese Zeiträume ganz bewusst dafür aus und können dann da reingehen und können dann aber auch wirklich wieder raus und was anderes machen, uns anderweitig beschäftigen.

Nele

22:18 – 22:54

Das finde ich total beeindruckend und deshalb ist es auch spannend, euch beide hier zu haben, als Paar mit beiden zu sprechen und diese verschiedenen Perspektiven zu hören und festzustellen, es läuft irgendwo zusammen, weil ihr das gleiche Ziel habt. Du bist die Angehörige in der Position, Hannah, Marc, du bist der Betroffene, du kannst dich sehr gut in Hannah reinversetzen, du kannst dich wahrscheinlich auch zu einem großen Stück in Marc reinversetzen, hast Verständnis, dass es eine Erkrankung ist, dass es ihm nicht gut geht, aber ihr seid irgendwie sehr auf einer Linie, habe ich den Eindruck.

Nele

22:54 – 23:19

Ich würde jetzt gerne mal einen Schritt weiter gehen und ein Thema ansprechen, bei dem ich weiß, dass viele Paare sich damit konfrontiert sehen. Mit so bestimmten Sprüchen, die man immer mal wieder hört aus dem Freundeskreis, aus dem Arbeitskreis, wie auch immer, aus allen möglichen Umfeldern. Nämlich: Trennt euch doch einfach. Warum gehst du nicht?

Nele

23:20 – 23:32

Ihr seid noch jung. Das ist nämlich, finde ich, auch ein wichtiges Thema, was öfter auch von Leuten aus älteren Generationen gesagt wird. Ihr seid noch jung, ihr könnt euch jetzt noch trennen. Warum sollte das so viel einfacher sein?

Nele

23:32 – 23:51

Es ist sowieso schon schwer, sich zu trennen. Warum sollte das in einem jungen Alter leichter sein? Und vor allem, wenn da noch eine psychische Erkrankung vorliegt. Also das ist etwas, das würde ich jetzt gerne noch mal so ein bisschen mit euch besprechen und vor allem jetzt dich in erster Linie fragen, Hannah, hast du solche Sprüche schon mal zu hören bekommen?

Hannah

23:51 – 24:18

Solche Sprüche kenne ich und habe ich auch schon gehört in unterschiedlichen Kontexten. Also einmal in einem Kontext, da war ich auf der Suche nach einer Selbsthilfegruppe zum Thema Angehörige von Menschen mit Depressionen. Und da waren überwiegend ältere Personen, auch Paare, die schon ganz, ganz lange Zeit zusammen sind.

Hannah

24:18 – 24:41

Und da habe ich auch von meiner Geschichte erzählt und das war in einer Phase, wo es sehr, sehr akut war und ich mir ganz, ganz große Sorgen gemacht habe, ganz viel Angst auch um dich hatte. Und da wurde mir gesagt, also ganz ehrlich, Hannah, wenn ich das so höre, ich mache das jetzt schon 30 Jahre mit, lauf, lauf solange du kannst. Oder lauf, so schnell du kannst.

Hannah

24:41 – 25:05

Und das war so ein Kontext. Und ein anderer Kontext war auch, dass eine Bekannte sagte, ich sehe, wie schlecht es dir auch damit geht, Hannah, trenne dich doch. Und ein dritter Kontext war bei einer Beraterin, die eigentlich ja sehr unterstützend für mich sein sollte zu dem Thema. Also ich hatte dann irgendwann auch entschieden, ob ich nicht auch mal mit was Therapeutischem beginne für mich, um die Sache aufzuarbeiten.

Hannah

25:05 – 25:41

Die sagte dann auch, jetzt sind sie noch jung, jetzt können sie sich noch trennen und nochmal neu anfangen. Und in all diesen Situationen, in denen das zu mir gesagt wurde, habe ich eigentlich ganz starken Widerstand gespürt und gesagt, nee, da steckt ja irgendwie auch noch der Mensch drin, mit dem ich eben gleiche Ziele habe, der ganz viele Dinge mit mir teilt, ganz viele Werte mit mir teilt. Und nur, weil da jetzt eine Erkrankung da ist, für die er ja gar nichts kann, werde ich das nicht aufgeben oder möchte das nicht aufgeben.

Hannah

25:42 – 26:09

Das hat eigentlich noch mehr Hoffnung in mir ausgelöst, dass ich dachte, okay, wir versuchen dagegen anzukämpfen. Ich will diese Hoffnung nicht aufgeben. Ja, das waren so Sprüche, aber generell wurde ich häufiger von Personen aus dem Umkreis konfrontiert und darauf angesprochen, wie es dir ging. Und ich glaube, vielleicht kannst du gleich noch mal was zu sagen.

Hannah

26:09 – 26:13

Ich hatte das Gefühl, ich wurde manchmal häufiger angesprochen auf das Thema als du selbst.

Marc

26:13 – 26:30

Ich würde auch sagen, dass du häufiger darauf angesprochen wurdest und ich dann über dich teilweise mitbekommen habe, dass Leute sagen, ich sehe nicht gut aus und sie machen sich Sorgen. Tatsächlich mit mir selber haben die gar nicht richtig gesprochen, sondern du warst quasi so Mittelsmann.

Hannah

26:30 – 27:01

Ja, zum Teil auch an so Veranstaltungen, die einmal im Jahr sind, wo Leute dich einmal im Jahr sehen und kleine Essstörungen, das sieht man dann auch Menschen manchmal an, nicht immer, aber manchmal, dir hat man das auch angesehen. die dann danach zu mir gekommen sind und gesagt haben, hey Hannah, also der Marc, der gefällt uns gar nicht, da musst du dich mal kümmern. Oder auch aus dem Familienkreis so, das sieht aber nicht gut aus, Hannah, da musst du aber mal was tun oder sprich doch mal mit ihm. Und das fand ich wirklich ganz schwierig, weil das hat noch mehr Druck in mir ausgelöst.

Hannah

27:02 – 27:15

Und ich hab ja schon versucht, was ich konnte, um dich irgendwie zu unterstützen. Hab mit Ratschlägen versucht, die semi-gut ankamen. Aber das fand ich so gar nicht hilfreich. Das fand ich auch einfach einmischend, was sie nichts angeht.

Hannah

27:15 – 27:19

Und warum sprechen sie dich nicht selbst drauf an? Wo ist da ihre Sorge?

Marc

27:19 – 27:28

Ja, das ist absolut nachvollziehbar, wie man dann in so eine Ich-muss-mich-um-die-Person-kümmern-Rolle halt reinschlüpft und dann einfach sich da drin, ja, sieht.

Nele

27:29 – 27:41

Absolut, genau das wollte ich gerade auch sagen. Also da kommen ja wirklich Leute mit verschiedenen Aussagen, aber auch auf dich zu. Manche sagen zu dir, trenn dich. Andere sagen, da musst du dich kümmern.

Nele

27:41 – 28:00

In jedem Fall mischen sie sich ja einfach richtig ein und sagen dir, was du jetzt am besten machen sollst. Aber anscheinend sagen sie das ja vor allem zu dir, weil sie vielleicht davon ausgehen, du bist die stabile angehörige Person. Allein auch, dass sie dich ansprechen. Und dann sagen, oh der Marc, so und so sieht er aus, es scheint ihm nicht gut zu gehen.

Nele

28:00 – 28:17

Und dich nicht fragen, weil man vielleicht auch davon ausgeht, die betroffene Person ist zu instabil, an die wende ich mich nicht. Noch mehr Druck bei der Angehörigenperson, ich spreche die an. Mir fällt das auf, der sieht nicht gesund aus. Und dann denkst du dir natürlich auch als Angehörige, Ja, was du nicht sagst.

Nele

28:17 – 28:54

Ich weiß, ich lebe mit der Person, ich kriege das mit. Also dieses von außen, das finde ich auch immer wirklich sehr, sehr anstrengend, sich da auch diesem Druck und dieser Fremdmeinung zu entziehen und dann trotzdem noch zu sagen, ungeachtet dessen, was ihr alle sagt, wir machen das, wie wir das machen. Das finde ich wirklich sehr, sehr stark und bestimmt auch nicht einfach. Gab es denn mal, ich will da nur noch mal ganz kurz ein bisschen nachhaken, gab es denn tatsächlich mal einen Moment, Hannah, wo du gesagt hast, ich glaube, ich kann nicht mehr, ich glaube, ich muss mich jetzt trennen, zumindest die Überlegung.

Hannah

28:55 – 29:05

Ich glaube, das gab es nicht nur einmal. Überlegungen von, schaffe ich das alles noch? Mir wächst das irgendwie über den Kopf. Ich habe keine Kraft mehr.

Hannah

29:05 – 29:25

Gibt es irgendwie Hoffnung? Gerade in diesen Situationen, in denen es sehr, sehr krisenhaft war, ist es mir manchmal schwergefallen, daran zu glauben, dass es irgendwie besser werden könnte. Aber, genau, ich bin trotzdem geblieben. Das ist nicht für alle die Lösung.

Hannah

29:26 – 29:47

Ich bin, glaube ich, vor allem geblieben, weil es mir Hoffnung gegeben hat, dass du, Marc, auch so sehr dafür gekämpft hast, dass es eine Besserung gibt und immer wieder dir auch Hilfe gesucht hast und wir trotzdem irgendwie so ein gemeinsames Ziel hatten. Das hat mir dann doch auch in sehr, sehr dunklen Momenten trotzdem so einen Lichtblick gegeben, ja.

Nele

29:50 – 29:53

Das hast du schön gesagt. Kannst du das so bestätigen?

Marc

29:54 – 30:27

Ja, ich denke auch einfach die Hoffnung, die man hatte, die hat einen irgendwo motiviert. Und das war eigentlich auch immer so bei mir in der dunklen Zeit dann immer so der Motivator, die Hoffnung, es halt auch das für uns zu tun und auch für ein besseres Leben einfach so der Hauptmotivator war, wo man auch gesagt hat, wir raufen uns jetzt zusammen und versuchen das irgendwo hinzubekommen. Und ich sage mal ja, dieses Thema Trennung, dass man häufiger auch daran gedacht hat.

Marc

30:27 – 30:41

Es gibt ja unterschiedliche Arten von Trennung. Es gibt ja auch temporäre Trennung. Also ich war dann drei Monate auch in einer Klinik stationär, in der Therapie dort. Und dort hatte man dann auch, sag ich mal, eine temporäre Trennung.

Marc

30:41 – 31:03

Wir haben uns dann einmal in der Zeit gesehen. Räumliche Trennung. Ja, eine räumliche Trennung, wo aber auch jeder so an sich arbeiten konnte, was sicherlich auch nicht verkehrt war, wobei es dann eben nicht direkt das Ende der Beziehung war, sondern man erst gesagt hat, okay, wir gucken erstmal beide nach uns. Und dass es uns gut geht.

Marc

31:03 – 31:15

Und dann reden wir nochmal über das Ganze und gucken uns das an. Weil auch ich habe häufig diesen Spruch gehört. Trenn dich doch einfach. Das wurde mir auch häufig gesagt.

Marc

31:15 – 31:45

Kümmer dich um dich. Der wichtigste Mensch in deinem Leben bist du. Was prinzipiell auch richtig ist, man sollte sich darum kümmern, dass es einem selber gut geht und man auch zu sich selber gut ist, wenn man halt gerade keine Energie hat, sich um die andere Person zu kümmern. Gerade dann ist das schon wichtig, aber es ist, wie Hannah schon gesagt hat, man teilt halt so viel mit dem Menschen, gerade wenn man schon so lange zusammen ist wie wir, was man dann einfach nicht aufgeben möchte.

Hannah

31:46 – 32:18

Ich glaube auch so eine Erkenntnis, weil du sagtest gerade, bei dir kam diese Begründung mit, du musst erst mal für dich selbst sorgen. Ich erinnere mich noch, als ich dich dann in der Klinik besucht hatte, hatten wir auch ein relativ langes Gespräch darüber und da sagtest du zu mir, Hannah, ich glaube meine größte Schwäche bist du und ich habe das gleiche auch über dich gesagt, weil sich so eine Dynamik zwischen uns entwickelt hat, dass es dir schlecht ging, mir ging es schlecht, weil ich gesehen habe, dass es dir schlecht ging, das hat dafür gesorgt, dass es dir wieder schlechter ging und das war so eine Spirale.

Hannah

32:19 – 33:06

So eine Endlosspirale, so dass wir danach auch oder an diesem Tag selbst auch, nee wir haben es eigentlich, doch wir haben es gemeinsam entschlossen, aber du hast vorgeschlagen, dass dieses Konzept von räumlicher Trennung, wir haben ja dann, wir haben eine Weile davor zusammen in Aachen gelebt, dass dieses Konzept der räumlichen Trennung für uns was sein könnte, was uns auch weiterträgt. Gerade in dieser Zeit von, du kehrst aus der Klinik zurück, versuchst Dinge, die du da gelernt hast, in den Alltag zu überführen. Dass wir dann in der Klinik entschieden haben, dass ich wieder zurück nach Fulda ziehe und du dort bleibst und wir auch jetzt weiterhin eine Fernbeziehung führen, was für uns gerade ein Konzept ist, was total, finde ich, gut funktioniert.

Hannah

33:06 – 33:16

So unter der Woche gut für uns sorgen können und dann uns am Wochenende so ein bisschen die Rosinen raussuchen können und sagen können, so jetzt haben wir irgendwie die Zeit, wo wir gute Momente miteinander sammeln können, an die wir uns auch gerne zurück erinnern.

Nele

33:17 – 34:16

Das ist ein interessantes Thema, das würde ich jetzt tatsächlich auch gerne nochmal vertiefen wollen, weil ihr jetzt gerade über so eine Art Beziehungskonzept, ja Fernbeziehung, gesprochen habt, womit viele ja auch nicht so gut klarkommen, ständig diese Distanz zu haben, nicht so viel teilen zu können im Alltag und das ist etwas, was für euch ganz gut klappt, sagtest du gerade, Hannah. Also da würde ich jetzt nämlich gerne mal drauf eingehen, weil ja auch so ein bisschen das Hauptthema der Folge ist, so Sachen ausprobieren, Strategien, Konzepte, die für euch funktioniert haben als Paar. Da gehört die Fernbeziehung tatsächlich mit dazu, um einfach auch vielleicht… Also hängt es damit zusammen, dass man eine Distanz braucht, um einfach auch das eigene Leben ja, etwas entspannter unter der Woche leben zu können, sage ich jetzt mal.

Nele

34:16 – 34:25

So dass man weiß, man kann pünktlich ins Bett gehen, man hat das nicht mehr im Kopf, dass man sich noch um die andere Person mit sorgen muss, man kann seine Arbeit machen etc. Also ist das dieser Hintergrund, warum Fernbeziehung für euch gut funktioniert?

Marc

34:26 – 35:06

Das ist eine gute Frage, tatsächlich. Ich habe mir noch gar nicht so groß die Gedanken gemacht, warum das so gut funktioniert. Aber ich glaube, was ein Punkt auf jeden Fall ist, ist, dass man eben, wenn man von der Arbeit oder vom Alltag einfach gestresst ist, dass man danach nicht noch nach Hause kommt und dann noch irgendwie ein Päckchen mehr … oder noch eine Verantwortlichkeit mehr zu tragen hat, die man jetzt noch irgendwie den Partner dann weil wir es eben in Aachen hatten, dass die soziale Anbindung, wir sind neu in die Stadt angekommen, einfach nicht so groß war.

Marc

35:06 – 35:37

Ich habe dort gearbeitet und dementsprechend war das immer ein Thema, dass wir danach noch Zeit zusammen verbringen mussten und deswegen war das einfach eine Art Entlastung. Weil man dann nicht nach der Arbeit noch mit dem ganzen Haushalt etc. noch zusätzliche Thematik hatte, dass man jetzt da zu Hause funktionieren muss. Sondern es auch mal okay ist, wenn man dann irgendwie Schwäche zeigt und nach der Arbeit einfach nur auf der Couch liegt und nichts macht. Und auch so ein bisschen das Konfliktpotenzial genommen wurde.

Marc

35:37 – 36:21

Weil wenn das einer Person zum Beispiel so geht, nach der Arbeit fertig, kommt nach Hause, legt sich auf die Couch und die andere Person will aber jetzt irgendwie aufräumen, dann ist das halt auch wieder eine Möglichkeit, wo einfach Konflikte entstehen können, die die ganze Beziehung dann nochmal belasten. Und so hat man wirklich die Wochenenden, wo man dann sagt, okay, da nehmen wir uns Zeit, da haben wir nichts vor und da machen wir wirklich schöne Aktivitäten, die wir auch vorher geplant haben häufig. Mittlerweile auch, dass alles sehr spontan funktioniert. Ja, was einem dann immer so ein bisschen Vorfreude einerseits auf die Wochenenden verschafft, dass man sich wirklich wieder freut nach fünf Tagen nicht sehen, sich wieder zu sehen und dann auch wieder gerne Zeit zusammen verbringt.

Hannah

36:22 – 36:27

Ich glaube aber auch, dass bei uns die Voraussetzung für dieses Konzept Fernbeziehung ohnehin schon da war.

Hannah

36:27 – 37:19

Weil wir davor schon zu Beginn unserer Beziehung fünf Jahre Fernbeziehung geführt haben, dann kurz zusammengelebt haben oder auch ein paar Jahre zusammengelegt haben, sodass wir schon wussten, wie das funktionieren kann bei uns und da auch schon so ein bisschen eingespielt waren und wir beide auch beruflich einfach viel unterwegs sind, sodass uns das nichts, dass für uns nichts ist, was unbekannt ist und uns entlastet das glaube ich auch, weil wir beide Personen sind, die ein großes Verantwortungsbewusstsein füreinander haben. Ich fühle mich für dich verantwortlich, du dich für mich verantwortlich. Und zusätzlich zu diesen Krisen oder dieser Phase der Heilung auch nach der Klinik weiterhin, glaube ich, war es wichtig, dass wir unsere Beziehung nicht auch noch mit diesem Alltagsthemen belasten, sodass das gerade das Konzept ist, was für uns ganz gut funktioniert.

Hannah

37:19 – 37:23

Kann sich aber auch wieder ändern, aber gerade, glaube ich, fahren wir ganz gut damit.

Nele

37:24 – 37:33

Es scheint sehr dynamisch zu sein, also ihr könntet euch ja vielleicht dann auch vorstellen, irgendwann wieder mehr beieinander zu wohnen, so zukünftig.

Marc

37:33 – 37:33

Definitiv.

Hannah

37:33 – 37:38

Auf jeden Fall nicht 350 Kilometer, das wäre schon schöner, wenn es auch näher wäre, aber mal schauen, was die Zukunft bringt.

Marc

37:38 – 37:57

Das ist ja auch kein Konzept, was ich jetzt irgendwie die nächsten 30 Jahre verfolgen würde, gerade wenn irgendwann Kinder anstehen. Funktioniert das in dem Maße dann ja sicherlich nicht mehr. Ja, deswegen langfristig wollen wir dann schon wieder zusammenziehen, aber aktuell funktioniert es halt einfach sehr gut.

Nele

37:57 – 38:43

Das sind jetzt so zwei Strategien, Konzepte, die ihr für euch privat anwendet, eine Fernbeziehung so zu pflegen, genauso wie sich die Räume zu schaffen, um über die Erkrankung zu sprechen, ganz bewusst. Mich würde mal interessieren, was ihr euch darüber hinaus noch für Unterstützung gesucht habt, weil wir da ja eingangs auch mal darüber gesprochen hatten, falls ihr euch erinnert, was noch so hilfreich war, sowohl individuell für jeden von euch oder auch für euch gemeinsam als Paar. Was habt ihr euch im Außen noch an Unterstützung geholt? Weil ich auch gerade weiß, dass es für Angehörige sehr wichtig ist, auch das Gefühl zu bekommen, ich bin nicht alleine mit Belastung.

Nele

38:43 – 38:56

Und gerade als Partnerin, Partner kann man das ja auch nicht oft genug hören oder mitbekommen, dass es auch noch andere gibt, denen es so geht. Ich werfe die Frage mal so in den Raum, sagt gerne was dazu.

Hannah

38:58 – 39:34

Ich glaube, ich habe ein ganz buntes Potpourri an Dingen ausprobiert, um dann zu merken, was ist was für mich und was ist nichts für mich. Angefangen würde ich sagen, habe ich, und das war und ist bisher immer noch das Allerwichtigste für mich, glücklicherweise gab es in Aachen, wo wir zusammengelebt haben, eine Beratungsstelle explizit zum Thema Essstörung. Das gibt es leider nicht in vielen Städten, aber in Aachen gab es das. Und da war eine Beraterin, die sowohl schon Gespräche mit dir geführt hat, also dich kannte, und an die ich mich aber auch wenden konnte als Angehörige und mit der ich auch Beratungsgespräche geführt habe.

Hannah

39:34 – 40:11

Und das waren nicht viele Gespräche, das waren vielleicht insgesamt fünf Gespräche, aber aus jedem dieser Gespräche habe ich so einen Satz für mich mitgenommen, der mir nach wie vor irgendwie noch hilft und mich trägt. Und das war aber gleichzeitig auch ein Ort für mich, wo ich einfach mal eine Stunde, wo es eine Stunde lang nur um mich ging, Also wo ich auch mal wütend sein konnte, wo ich auch vielleicht mal Dinge aussprechen konnte, die ich gegenüber Freundinnen und Familie oder gegenüber dir auch nicht aussprechen konnte oder wollte. Und die genau mich ganz doll gestützt hat und auch so schöne Dinge irgendwie gesagt hat.

Hannah

40:11 – 40:27

Und das glaube ich nach wie vor dran, wenn man das überstanden hat, diese Krise oder wenn es ein danach geben kann. Es ist eine andere Art von Beziehung, die man führt. glaube ich, ist auch wirklich so. Das war was, was mir sehr, sehr gut geholfen hat.

Hannah

40:27 – 40:56

Dann bin ich ja umgezogen und am neuen Standort gab es das leider in der Art nicht und da habe ich versucht, eine andere Beraterin zu finden, war da für zwei Gespräche, habe aber gemerkt, das funktioniert gar nicht für mich, weil wir gar nicht so einen menschlichen Zugang zueinander hatten und habe das dann auch abgebrochen und auch das ist okay, zu sagen, hier, das tut mir nicht gut und ich suche mir da lieber was anderes. Ich habe aber auch versucht, und das hatte ich vorhin ja schon gesagt, Selbsthilfegruppen zu finden zu dem Thema.

Hannah

40:56 – 41:40

Das war auch nicht ganz so leicht, weil da doch auch ein hoher Altersunterschied zum Teil auch war und einfach andere Lebenssituationen. Aber, und ich weiß gar nicht, ob du das weißt, Marc, aus der Selbsthilfegruppe heraus habe ich eine Frau getroffen, die schon ganz lange in einer Partnerschaft ist, auch eine Angehörige getroffen, die ganz lange in einer Partnerschaft ist mit einem Mann, der eine psychische Erkrankung hat. Wir haben uns dann einfach mal so zum Frühstücken getroffen. Und das war total nett, weil sie mit so einem hoffnungsvollen Blick auf diese Partnerschaft geschaut hat und auch so eine lockere Umgangsweise damit hatte, in der Phase, wo ich total angespannt war und mich ganz doll auch mit unserer Beziehung unter Druck gesetzt habe.

Hannah

41:40 – 42:18

Das hat mir sehr geholfen und natürlich Freundinnen und Familie, die mich sehr, sehr getragen haben, die ganz viele Gespräche mit mir geführt haben, die sowohl emotional unterstützt haben als auch eine Mama, die dann einfach auch mal ungefragt Wäsche wäscht. Und das ist okay, sich da auch Hilfe zu suchen, was mir sehr schwergefallen ist, weil ich immer dachte, ich muss alles selber für mich klären, aber dann ist es auch mal okay, wenn man sich irgendwie Unterstützung holt oder ein Papa, der ganz toll hilft, auch zu renovieren in der neuen Wohnung, als ich dann umgezogen bin. Ja, das waren so für mich, glaube ich, die hilfreichsten Dinge.

Nele

42:20 – 42:21

Danke, Hannah.

Marc

42:22 – 43:01

Ja, ich fand auch besonders hilfreich, Hannah hat es schon angesprochen, die Beratungsstelle, mit der ich da Gespräche geführt habe, die das Ganze auch, ja, oder einem erstmal weiterführende Hilfe irgendwie vermitteln konnte. Also was es für Anlaufstellen dann gibt für mich als Betroffenen. Dann natürlich auch das Diagnosegespräch mit einer ärztlichen Stelle, die dann auch wirklich gesagt hat, okay das ist akut, da muss man jetzt erstmal stabilisieren mit einem stationären Aufenthalt. Also das definitiv.

Marc

43:01 – 43:29

Und ja, im Endeffekt dann auch eine Therapie einfach anzutreten und dann sich von Therapeuten helfen zu lassen. Und da einfach auf deren Fachexpertise zurückgreifen zu können und zu wissen, hier wird mir geholfen. Und auch wenn man manchmal nicht weiß oder einem nicht klar ist, wo das Ganze jetzt gerade hinführen soll und inwiefern einem das jetzt irgendwie in irgendeiner Art und Weise helfen soll, dann trotzdem da ärztliche Unterstützung zu holen.

Hannah

43:32 – 44:11

Da würde ich vielleicht auch noch was ganz gerne ergänzen, was ich zum Beispiel oder wo ich mir noch mehr Unterstützung gewünscht hätte, wäre in dieser Phase gewesen, vor der Klinik, während der Klinik und nach der Klinik. Also du warst dann in der Klinik und hast da ganz viel auch Therapie bekommen und ganz viele Ideen bekommen, wie es für dich auch danach weitergehen kann. Ich hatte zwar so ein paar Gespräche währenddessen mit dieser Beraterin von der Beratungsstelle, von der ich gerade gesprochen habe. Aber das ist ja doch auch nochmal eine relativ spezielle Situation, wenn der Partner dann in der Klinik ist und gerade diese Phase der Rückkehr dann wieder in den Alltag, zurück ins Leben.

Hannah

44:12 – 44:39

Und da habe ich mich als Angehörige schon auch so ein bisschen alleine gefühlt oder hätte mir noch irgendwie auch, keine Ahnung, auch mal von der Klinik irgendwie Unterstützung gewünscht, um das gemeinsam vorzubereiten. Das war so ein bisschen wie so ein Sprung ins kalte Wasser und jetzt bist du wieder da und ich wusste nicht, wird es so sein wie vorher, was wird jetzt irgendwie anders sein und sich dann da auch wieder einspielen. Das fand ich doch auch sehr herausfordernd, ja.

Marc

44:39 – 44:41

Das kann ich gut nachvollziehen.

Hannah

44:42 – 44:46

War für dich wahrscheinlich auch ähnlich. Ich weiß nicht, inwiefern du darauf vorbereitet wurdest.

Marc

44:46 – 44:59

Ja, man versucht sich natürlich irgendwo drauf vorzubereiten, wie es jetzt wird. Irgendwas muss sich ja offensichtlich ändern. Und versucht, sich da schon drauf vorzubereiten.

Marc

44:59 – 45:26

Aber im Endeffekt ist es anders, als man das geplant hat. Man kann dann irgendwie sich eine Anschlusstherapie etc. suchen und dann, ja, die auch durchführen. Für mich war es das zum Beispiel nicht. Also ich hatte danach dann auch direkt eine Anschlusstherapie, aber habe einfach gemerkt, dass mir das überhaupt nicht gut tut, die ich dann auch erstmal beendet habe.

Marc

45:26 – 45:52

Und ja, dann danach auch trotzdem noch, sag ich mal, an mir selber halt gearbeitet habe. Dass man halt diese ganzen Werkzeuge und Methodiken, was man so gelernt hat in der Klinik, dann halt auch weitergeführt hat und genutzt hat und sich das dann langsam stetig immer weiter verbessert hat. Deswegen, also richtig planbar ist es halt nicht, muss man halt eben so ein bisschen..

Hannah

45:53 – 46:08

Ja, und ich fand das total heikel, auch danach so für mich diese Frage, was kann ich denn jetzt irgendwie erwarten oder was nicht nach diesem Klinikaufenthalt. Kommt der jetzt nach Hause und alles ist wieder gut oder ist das erst der Anfang von einem ganz langen Weg.

Hannah

46:08 – 46:16

ganz langen Weg? Und es ist erst der Anfang von einem ganz langen Weg. Das ist ja so ein erster Stein, der ins Rollen gebracht wurde. Aber was danach noch kommt, ich glaube, da könnte man noch eine eigene Podcast-Folge drüber machen.

Marc

46:16 – 46:20

Das ist halt ein Stück weit, sich neu kennenlernen.

Hannah

46:20 – 46:20

Voll.

Marc

46:20 – 46:31

Also das ist quasi wie sich ein zweites Mal kennenlernen. Man weiß nicht, was man jetzt zu erwarten hat.

Hannah

46:31 – 46:31

Das sehe ich auch so, ja.

Marc

46:32 – 46:36

Bei mir ging es genauso. Ich weiß nicht, wen oder was habe ich denn jetzt vor mir, wenn ich jetzt dich wiedersehe.

Hannah

46:40 – 47:18

Und das war schon auch eine überfordernde Zeit, als du zurückgekommen bist. Weil ich nämlich einen kleinen Fehler gemacht habe in der Zeit, in der du in der Klinik warst, dachte ich, jetzt ist er in guten Händen und jetzt kann ich ganz, ganz viele Dinge tun. Und bin gereist, ziemlich weit gereist, aber das waren nicht so Reisen, die entspannt waren, sondern das waren Reisen, die sehr, sehr fordernd waren. Ich habe irgendwie ganz viel renoviert und ganz, ganz viel getan, sodass ich dann, als du zurückkommst, in so ein Loch gefallen bin, weil dann kamst du auch noch zurück und ich hatte Erwartungen oder ich hatte auch keine Erwartungen und wusste nicht, was passiert jetzt hier mit uns und unserer Beziehung.

Hannah

47:18 – 47:28

Und dann brauchte ich erst mal einen Monat Pause, als du dann zurückkamst, um sich irgendwie wieder auch gemeinsam zu finden und auch gemeinsam starten zu können.

Nele

47:30 – 48:03

Ja, ich kann mir das gut vorstellen, wie du das gerade beschreibst, wenn man dann selber drei Monate lang parallel so ein bisschen auf der Flucht ist und vielleicht reist, sich mit ganz vielen anderen Dingen beschäftigt, renoviert, wie du gerade noch gesagt hast. Man beschäftigt sich nicht mit dem Thema und dann wird man ja auch wieder kalt erwischt davon, wenn es dann auf einmal wieder eintritt. So ähnlich wie es dir dann geht, du kommst wieder aus der Klinik raus, du bist dann auch wieder zurück in der Realität, Hannah, im Alltag, wenn man so möchte. Das trifft einen bestimmt erstmal wie einen Schlag, das kann ich mir sehr gut vorstellen.

Marc

48:06 – 48:21

Und es hat auf keinen Fall irgendwie kommt man raus und ist geheilt. Also, dass man jetzt sagt, okay, und da ist jetzt wieder der alte Mensch, wie er vorher war. Und das ist ja auch gut so, also man wächst ja auch an sowas. Und wird ja auch stärker dadurch.

Marc

48:21 – 48:22

Deswegen, ja.

Nele

48:24 – 49:02

Ja, danke für diesen Einblick, den ihr uns da jetzt nochmal gewährt habt, diesen sehr persönlichen am Ende. Was ich gerne nochmal an der Stelle erwähnen möchte, ist, dass das jetzt ein Beispiel ist, wie es laufen kann in einer Beziehung, in der ein Partner oder eine Partnerin psychisch erkrankt ist. Das muss natürlich nicht für alle anderen gelten. Ich finde das total beeindruckend, das hatte ich ja eben auch schon gesagt, dass ihr beide so an einem Strang zieht, sehr reflektiert damit umgeht, aber auch gewisse Regeln aufgestellt habt, wann und wie viel darüber gesprochen wird, wie oft ihr euch seht, wie viel Raum nimmt dieses Thema ein.

Nele

49:02 – 49:27

Und gerade diese Regeln machen es wahrscheinlich auch möglich, die Beziehung so harmonisch wie möglich zu führen, wie ihr das so könnt. Wahrscheinlich gibt es trotzdem zwischendurch mal ein paar Probleme. Aber ihr seid wirklich beide sehr bemüht darum, dass das so läuft, wie es läuft. Und das ist eben, finde ich, wichtig auch für Zuhörende jetzt nochmal zu erwähnen, dass das eben ein Weg ist.

Nele

49:27 – 49:44

Das ist eine ganz individuelle Lösung. Ihr seid individuell in eurer Beziehung und das muss natürlich nicht für andere gelten. Man muss eine Beziehung nicht auf jeden Fall weiterführen. Man kann kämpfen, man kann daran arbeiten, man muss es aber auch nicht.

Nele

49:44 – 50:25

Das ist jetzt einfach ein Beispiel, was zeigt, wenn beide das wollen und wenn sich der Aufwand lohnt und man weiß, wofür man es tut, dann kann man das durchaus auch schaffen. Das ist, finde ich, einfach so jetzt ein sehr positives Beispiel, was nicht heißt, dass es immer einfach läuft, aber eben einfach nur, um das nochmal zu erwähnen. Man kann sich trennen, man kann zusammenbleiben, das geht natürlich auch in Beziehungen, in denen jetzt nicht ein Partner oder Partnerin psychisch erkrankt ist, aber gerade in dem Fall, weil man es oft hört, seid ihr jetzt ein Paar, was aufzeigt, allen Widrigkeiten zum Trotz, wir bleiben da dran, wir wollen das, weil wir beide am gleichen Strang ziehen.

Nele

50:26 – 50:39

Und das ist wirklich sehr schön. Also danke für diese Einblicke, die ihr da gewährt habt. Habt ihr an der Stelle gerade noch etwas? Ansonsten würde ich jetzt tatsächlich mich schon mal so langsam meiner Abschlussfrage nähern.

Hannah

50:40 – 51:04

Ich glaube, ich würde noch ergänzen, dass jetzt, so harmonisch wie wir darüber reden können vielleicht, dass es nicht den Schein trügen soll. Es gab Phasen, wo alles auf den Kopf gestellt wurde, wo es uns ganz, ganz, ganz, ganz schlecht ging. Ich würde sagen, jetzt gerade sind wir vielleicht in der besonderen Phase, wo es in eine Richtung geht, wo es stabiler wird. Wir sind immer noch in so einer Erholungsphase, auch als Paar.

Hannah

51:06 – 51:18

Genau, was wir gerade einfach auch sehr genießen und was wir uns auch ziemlich regelmäßig sagen, dass wir gerade einfach sehr glücklich sind, wie es gerade ist. Das bedeutet aber nicht, dass es immer so war. Das bedeutet auch nicht, dass es nicht wieder kommen könnte.

Marc

51:19 – 51:43

Genau, das muss man sich halt immer wieder vor Augen führen. Das ist zweischneidiges Schwert. Einerseits muss man sich immer wieder vor Augen führen, wenn es gerade gut läuft, dass es auch wieder schlechter werden kann. Gleichzeitig ist es aber auch unfassbar beruhigend, wenn man in einer schlechten Phase weiß, jetzt gerade ist es nicht so gut und wird schlechter, aber es wird auch wieder besser.

Marc

51:44 – 52:02

Es ist eine Achterbahn, sage ich immer. Und das muss man sich irgendwann vergegenwärtigen. Und das schafft ganz, ganz viel Sicherheit auch, die dann wiederum sich irgendwo positiv ausübt auf die ganze Beziehung auch.

Hannah

52:03 – 52:14

Und ich würde sagen, gerade ist es vielleicht eine Achterbahn, die nicht mehr ganz so turbulent ist, mit nicht mehr so vielen Loopings, die wir gerade hatten. Gerade sind wir eher in so einer gemütlichen Achterbahn, ja.

Nele

52:15 – 52:54

Aufs und Abs gehören mal dazu, ein paar Schwierigkeiten, aber ihr wisst am Ende trotzdem, dass ihr da beide dranbleiben wollt, zumindest jetzt. Für den Moment. Schaut ja auch schon auf eine längere Beziehung zurück. Natürlich kann sich das immer mal ändern, aber ihr scheint da ja wirklich einfach sehr auf der gleichen Linie zu sein, dass ihr vielleicht auch jetzt aufgrund von Erfahrungswerten aus der Vergangenheit wisst, wie ihr mit gewissen Situationen gut umgehen könnt, aber auch eure Räume braucht, um wieder durchzuatmen, um den Akku aufzuladen, damit man auch wieder gut miteinander und füreinander da sein kann.

Marc

52:54 – 53:00

Einfach viel reden und auch seine Bedürfnisse einfach äußern und darüber sprechen. Ich glaube, das ist ganz wichtig.

Hannah

53:01 – 53:03

Ja, und sich Zeiten für sich nehmen.

Nele

53:07 – 53:53

Was hättet ihr euch denn gewünscht an Unterstützung damals? Ich meine, heute seid ihr natürlich ein bisschen schlauer, ihr habt schon einiges ausprobiert, aber gerade so eine Unterstützung von außen. Was hätte euch da gefehlt, wenn ihr an das Umfeld denkt, wenn ihr an vielleicht auch Projekte, Anlaufstellen denkt? Bessere Erreichbarkeit, mehr Zugänglichkeit, weil oft muss man ja auch gerade als angehörige Person danach suchen und sich überhaupt erstmal im Klaren darüber sein, oh, ich bin angehörig, ich kann mir Hilfe holen.

Nele

53:53 – 53:59

Hättest du dir da gerade jetzt, vor allem Hannah, ich frage jetzt erstmal dich, mehr Aufmerksamkeit auch gewünscht?

Hannah

54:00 – 54:30

Ich hatte mir gewünscht, dass ich nicht so danach suchen muss und dass es irgendwie ganz selbstverständlich dazugehört, dass zu Betroffenen auch Angehörige dazugehören, die genauso die Möglichkeit haben, sich Beratung zu nehmen. Also ich hatte auch die Situation, dass mir gesagt wurde, ja, wir machen auch Beratung mit Angehörigen, aber das sind nur drei Stunden. Und eigentlich sind wir primär dafür Betroffene. Und diese Begrenzung finde ich total schwierig, weil das ist nichts, was man in drei Stunden oder in drei Sitzungen abarbeiten kann.

Hannah

54:30 – 54:52

Das ist was, was irgendwie auch länger braucht. Also dieses direkt irgendwie Angehörige mitdenken, fände ich schön. Genauso wie bei dem Klinikaufenthalt, dass da irgendwie auch direkt schon Angehörige mit eingebunden werden in diese ganze Phase. Das bedeutet nicht, dass ich kontrollieren will oder muss, was da so passiert in der Klinik, sondern dass aber gemeinsam an der Perspektive gearbeitet wird.

Hannah

54:52 – 55:16

Das hätte ich mir gewünscht. Und gleichzeitig hätte ich mir aber auch im privaten Umfeld gewünscht, dass es Menschen gibt oder vor allem auch Freunde von dir gibt, die dich offen darauf ansprechen und die mit dir darüber reden, weil ich oftmals das Gefühl hatte, ich bin die einzige Person, mit der du viel, viel drüber sprechen kannst. Und ich werde häufig gefragt, wie geht’s denn Marc jetzt?

Hannah

55:16 – 55:40

Und ich denke mir so, fragt ihn doch selbst und er wird sich wahrscheinlich freuen, wenn ihr ihn auch mal fragt und Interesse daran zeigt, was gerade so los ist bei ihm, um auch dieses Thema so ein bisschen zu enttabuisieren. Ich hatte manchmal den Eindruck, die trauen sich da gar nicht zu fragen, weil sie Angst haben, was kommen könnte. Genau das sind, glaube ich, so die Dinge, die ich mir gewünscht hätte.

Marc

55:41 – 56:02

Ja, um an den zweiten Punkt da gleich anzuknüpfen. Ich hätte mir auch gewünscht, dass viele Leute, weil man dann irgendwie das Gefühl hat, da allein damit zu sein. Und ja, ich habe sehr viel mit Hannah drüber gesprochen, aber mit sonst eigentlich fast keinem. Und dass man halt irgendwie auch von Leuten einfach dann ein Angebot bekommt.

Marc

56:02 – 56:10

Hey, wenn du reden willst, ich bin für dich da. Wir können da gerne mal drüber reden. Auch wirklich ein offenes Angebot bekommt. Hey, willst du dann da nicht mal vorbeikommen?

Marc

56:10 – 56:45

Können wir mal quatschen irgendwie? Anstatt jetzt einfach nur eine Floskel, hey, kannst du mir mal schreiben, wenn du willst oder so, das macht man dann eh nicht. Sondern wirklich auch ein gezieltes Angebot irgendwie mit einem Gespräch, mir hätte gegeben, da hätte ich mich drüber gefreut. Und ja, halt ein offenes Ohr von Familie und Freunden auch in dem Bereich und vielleicht auch einfach nur mal zuhören, weil häufig bekommt man auch irgendwie dann direkt eine Meinung aufgeprägt und ja, hier ist die Lösung so auf die Art, aber einfach nur zuhören.

Marc

56:45 – 57:08

Einfach nur mit irgendjemandem darüber sprechen und einfach nur, dass man das Gefühl hat, gehört zu werden und das alles mal rauslassen kann. Das ist eigentlich somit das Wichtigste. Man will dann in dem Moment gar keine Lösung oder irgendwelche Vorschläge oder daran arbeiten, sondern einfach nur mal sich kundtun. Und ja, sowas hätte mir halt oder hat mir da halt gefehlt.

Hannah

57:09 – 57:44

Und das musste ich auch als Partnerin lernen, dass es auch einfach nur okay ist, zuzuhören und dir keine Lösungen zu präsentieren, sondern einfach nur da sein und Zeit zusammen verbringen und manchmal auch zu sagen, ich habe keine Ahnung, was ich jetzt dazu sagen soll, aber ich bin halt einfach gerade da. Und was mir jetzt noch einfällt, ich hätte mir auch gewünscht, dass gerade auch Personen in unserem Umfeld sich darüber informieren, was es bedeutet, was bedeuten denn diese Erkrankungen, um nicht mit Ratschlägen zu kommen oder mit Halbwahrheiten zu kommen, wie „Bei einer Depression geht halt häufiger spazieren.“ oder „Dann soll er halt rausgehen, wenn die Sonne scheint, das tut ihm bestimmt gut.“

Hannah

57:44 – 57:48

Dass es einfach komplexer ist, dass sie verstehen, was steht eigentlich alles noch so dahinter.

Nele

57:51 – 58:18

Ja, ich finde, das waren jetzt ganz schöne Abschlussgedanken. Gerade dieses einfach nur zuhören, wenn man sich nicht informiert, dass man dann zumindest einfach auch nur zuhört, dass man das mit aushält. Stille, negative Gedanken, dass die gegenüberstehende Person einfach in der Lage ist, das aufzunehmen und nicht das Bedürfnis zu haben, Lösungen zu bieten oder Ratschläge. Ich glaube, das fällt Menschen allgemein sehr schwer, wenn man immer lösungsorientiert arbeiten möchte.

Nele

58:18 – 58:44

Man hat das Bedürfnis, dass es den Leuten besser geht und ich kann da was machen. Aber einfach nur sich das anzuhören, das aufzunehmen, das ist schon unglaublich viel wert. Also ganz, ganz lieben Dank, dass ihr gerade diesen Abschlussgedanken hier nochmal mit uns geteilt habt und natürlich auch für alles andere, was ihr hier heute erzählt habt, für eure Offenheit. Für eure Tipps, an der Stelle ja auch nicht schlecht.

Nele

58:44 – 59:03

Vielleicht gibt es ja auch die eine oder andere Person, die sich das anhört und denkt, Mensch, das wäre vielleicht auch mal was für mich oder ich finde mich in der Situation wieder oder ich mache es ganz anders. In jedem Fall wirklich hilfreich, dass ihr uns da diese Einblicke gewährt habt. Vielen, vielen Dank. Ja, schön, dass ihr da wart.

Hannah

59:03 – 59:05

Danke euch auch, dass wir hier sein durften.

Marc

59:05 – 59:06

Vielen Dank für die Einladung.

Nele

59:10 – 59:25

Das war „Unerhört Nah“, der Podcast für Angehörige psychisch erkrankter Menschen. Dies ist ein Projekt des BAPK mit Unterstützung der Barmer Krankenkasse. Hört nächstes Mal wieder rein, wenn wir mit Menschen sprechen, die verdammt nah dran sind.

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